Alchemie
Geschichtliches
Die Tradition der Spagyrik reicht bis in die ägyptische Hochkultur zurück. Dort galt der Gott Thodt als Vermittler des alchemistischen Wissensgutes. Später verschmolz diese Gottheit mit der Figur des legendären Hermes Trismegistos, auf den sich noch die mittelalterliche Alchemie berief und dessen “hermetische Schriften” zum Fundament der Alchemie wurden. Die Grundgedanken der heutigen Spagyrik beruhen noch zu einem Großteil auf den Theorien der hermetischen Tradition, die im Lichte der modernen Physik, Quantentheorie und Chaosforschung eine neue Bedeutung erlangte.
Hermes Trismegistos ist ein ägyptischer Eingeweihter, gleichgesetzt mit dem Gott Thot, dem legendären Schöpfer der Alchimie. Von ihm soll die „Tabula Smaragdina” stammen, auf der die sieben Lehrsätze geschrieben stehen.
Die sieben Prinzipien
(zitiert nach “Kybalion”)
- Das Prinzip der Mentalität
Das All ist Geist, das Universum ist geistig – Allem Existierenden liegt eine geistige Kraft zu Grunde.
- Das Prinzip der Entsprechung
Wie oben so unten, wie unten so oben – Wie im Großen, so im Kleinen – Wie im Kleinen, so im Großen.
- Das Prinzip der Schwingung
Nichts ruht; alles ist in Bewegung und Schwingung.
- Das Prinzip der Polarität
Alles ist polar; alles hat seine zwei Gegensätze
- Das Prinzip des Rhythmus
Alles hat seine Gezeiten, Der Rhythmus gleicht aus
- Das Prinzip von Ursache und Wirkung
Jede Ursache hat seine Wirkung; jede Wirkung hat ihre Ursache.
- Das Prinzip des Geschlecht
alles hat sein männliches und sein weibliches Prinzip in sich.
Der Hintergrund der Alchemie ist Einweihung. Ihre Ursprünge liegen in den vorchristlichen Zeitaltern der Ägypter, Hellenen und der arabischen Kulturwelt. Später wird die Alchemie von christlichem Gedankengut berührt und weiter geformt.
Alchemie als „Die Kunst, einen Stoff in einen anderen zu verwandeln.“ ist einseitig und vordergründig, da es – ähnlich wie die Chemie – nur den rein stofflichen Aspekt erfasst. Alchemie bedeutet noch viel mehr als das. Es ist ein esoterischer Weg der Naturerkenntnis, der seinen letzten und tiefsten Ausdruck in den Christusworten findet:
„Sammelt vorab euch Schätze in den Himmeln, so wird das Irdische euch von selbst zufallen.”
Transmutation
Im Mittelpunkt des alchemistischen Einweihungsweges steht die Transmutationsidee. Sie ist jedoch weitaus weniger die Verwandlung unedler Metalle in Gold als der innere mystische Transmutationsprozess. Die äußere chemisch-physikalische Metallverwandlung ist lediglich die innerhalb des Materiellen sichtbar und real gewordene Erscheinungsform jenes inneren Entwicklungsprozesses. Die Adepten, die in die Alchemie eingeweihten Schüler der alten Meister, pflegten es mit dem Satz auszudrücken „Nur dem gelingt der Stein der Weisen, der ihn zuerst gemacht hat in sich selber.”
Nicht zuletzt deshalb lag es nie in der Absicht der Alchemisten, ihren Zeitgenossen oder der heutigen Naturwissenschaft leicht nachvollziehbare Rezepte zur Überführung eines unedlen Metalls in Gold mittels des Steins der Weisen zu überliefern. Echte alchemistische Schriften sind Wegweiser und Meilensteine für diejenigen, die die Richtung kennen und schon ein hohes Maß an innerer Entwicklung zurückgelegt haben. Es sind Einweihungsschriften, die für den nicht vorgeschulten Leser immer unverständlich bleiben werden. Und wem es nur darum geht, Gold zu machen und darüber reich zu werden, der hat vom Wesen der Alchemie erst recht nichts verstanden.
Der Alchemistische Wandlungsweg
Die Spagyrik ist nicht nachvollziehbar ohne ein Verständnis für Paracelsus Auffassung von Alchemie. Diese wird von neuzeitlichen Forschern oft als Geheimwissenschaft bezeichnet und missverstanden. In der Esoterik wird mit Geheimwissenschaft ein Wissen bezeichnet, das ein-zig und allein durch die aus geistig-seelischer Schulung heraus erlangte übersinnliche Er-kenntnis erreichbar ist. Geheimwissen ist ein Wissen, zu dem jedes Individuum nur gemäß seiner eigenen Seelenanlage und geistigen Bereitschaft gelangen kann. Im Sinne des „Erkenne dich selbst!” bedeutet Geheimwissenschaft die Entdeckung des Makrokosmos im Mikrokosmos oder in den Worten des Paracelsus:
„Im Gestirn der kleinen Welt (Individuum) das Gestirn der großen Welt (Astrologie) entdecken.”
Oder Leonardo da Vinci fasste es mit dem Satz zusammen
„Der Mensch ist das Modell der Welt.”
Wer diese Entsprechungen zwischen oben und unten, innen und außen wahrzunehmen gelernt hat, ist Geheimwissenschaftler. Weil aber diese Entsprechungen letztlich nur als Ergebnis einer individuellen inneren Entwicklung vom einzelnen Menschen gespürt und erkannt werden können, haben die alten Alchemisten keine Schriften verfasst, die dem Suchenden theoretische Einsichten oder praktische Anweisungen vermitteln. Für den eigenen alchemistischen Weg, den Weg der inneren Entwicklung und Läuterung, kann sich jeder Mensch zwar Unterstützung holen – gehen und entdecken muss er ihn jedoch allein.